Als literarisches Land hat Villers-Cotterêts nicht bis zur Geburt von Alexandre Dumas gewartet, um die Geschichte der französischen Sprache zu prägen. Bereits im Jahr 1539 ...
Verordnung von Villers-Cotterêts, was‘n das?
Verordnung von Villers-Cotterêts © Nationale Archive
Die Verordnung von Villers-Cotterêts ist der älteste Gesetzestext, der in Frankreich noch in Kraft ist: Sie hat zwölf aufeinanderfolgende Regime überlebt! Aber worum geht es darin eigentlich?
Im August 1539 unterzeichnet Franz I. diese „allgemeine Rechtsverordnung“ im königlichen Schloss von Villers-Cotterêts. Deren Artikel 110 und 111 schreiben für alle rechtlich relevanten Akte der Verwaltung und Justiz des Königreichs die französische Sprache vor.
„Wir wollen von nun an, dass alle Urteile zusammen mit allen anderen Verfahren […] in der Muttersprache Französisch und nicht anders ausgesprochen, eingetragen und den Parteien zugestellt werden.“
Der Gebrauch des Französischen hat somit Vorrang vor Latein, Sprache der Kirche, die als weniger zugänglich gilt.
Die Verordnung von Villers-Cotterêts ist so berühmt – und ihre Auslegung bis heute Gegenstand von Debatten zwischen Historikern und Juristen – weil sie einen ersten Meilenstein für den Aufschwung der französischen Sprache gesetzt hat.
Zunächst einmal macht sie die französische Sprache zum Instrument einer Verwaltung und Justiz auf Ebene des Königreichs, wodurch sie nach und nach auf Kosten der Langue d'Oc und anderer Mundarten an Boden gewinnen kann.
Ab dem 17. Jahrhundert wird Französisch zur Sprache des Adels und der gebildeten Schicht in ganz Nordeuropa, Deutschland, Polen und Russland...
Seit dem 18. Jahrhundert gilt Französisch auch als Sprache der Diplomatie. Alle internationalen Verträge sind in französischer Sprache verfasst, vom Vertrag von Rastatt (1714) bis zur Pariser Konferenz 1919.
Wiener Kongress, Stich von Jean Godefroy © Gallica BNF
Doch obgleich die Verordnung von Villers-Cotterêts langfristig zur politischen Einheit des Königreichs beitrug, hat sie nur einen schwachen Einfluss auf die Alltagssprache der Franzosen, die zu der Zeit noch „regionale“ Sprachen verwenden: Bretonisch, Normannisch, Okzitanisch, Gaskonisch usw.
Seit der Revolution, doch vor allem seit der Dritten Republik und den Gesetzen von Jules Ferry verbreitet und verallgemeinert sich die französische Sprache im ganzen Land, bis ihr Status als Amtssprache 1992 in der Verfassung verankert wird.
Von der Unterzeichnung der Verordnung bis zur Gründung der Cité internationale de la langue française ist Villers-Cotterêts für die französische Sprache weiterhin ein symbolischer Ort.