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Das Schloss Villers-Cotterêts war nie für die Öffentlichkeit zugänglich und dennoch ein wichtiger Ort der französischen Geschichte und Architektur. Gehen wir in der Zeit zurück, um seine turbulente Geschichte zu entdecken...

Ein Schloss, das Franz I. am Herzen lag

Aufbruch zur Jagd © Caroline Rose / CMN

 

Der Wald von Retz im Departement Aisne ist schon seit sehr langer Zeit berühmt. Bereits im Jahr 632 geht Dagobert I. hier auf die Jagd! Auch die ihm nachfolgenden Könige schätzen den Wildreichtum und lassen dort eine unprätentiöse Residenz errichten.

 

François I., König von Frankreich von Jean Clouet © RMN – Grand Palais (Louvre-Museum) / Michel Urtado

 

Die große Geschichte des Schlosses beginnt eigentlich erst mit dem späteren Franz I., der von seinem Cousin König Ludwig XII. im Alter von nur 3 Jahren das Herzogtum Valois und das Schloss erhält!

Im Jahr 1528, einige Jahre nach seiner schweren Niederlage im italienischen Pavia, startet der Herrscher eine Reihe von Bauvorhaben, vom Louvre, den er vergrößert, bis zum Schloss in Fontainebleau, das er errichtet.

Um seiner Lieblingsbeschäftigung, der Jagd als Symbol der Elite, nachgehen zu können, baut er einen Königspalast mitten im Wald von Retz, dem damals größten Wald Frankreichs.

Villers-Cotterêts, zur der Zeit nur ein bescheidenes Dorf, hat außerdem den Vorteil, das geografische Zentrum des Herzogtums Valois zu sein, einer Dynastie, aus der Franz I. stammte.

Einer der wenigen Königssitze in der Picardie

Schloss Villers-Cotterêts © David Bordes / CMN

 

Mit seinem üppigen Dekor konkurriert das imposante Schloss mit den schönsten Bauwerken seiner Zeit.

Die Kapelle, ein Meisterwerk der Renaissance-Architektur, ist die erste in Frankreich, die mit der gotischen Tradition bricht. Als Zeichen monarchischer Macht ersetzten die königlichen Embleme (Salamander, Lilie und gekrönte Initialen) an diesem Gebetsort die christlichen Symbole.

Im Laufe der Zeit arbeiten große Namen der Architektur in Villers-Cotterêts, von Philibert Delorme (1514-1570), dem ersten Architekten von König Heinrich II., der am Bau des Louvre mitwirkt, bis zu André Le Nôtre (1613-1700), dem berühmten Gärtner von Versailles, der den Park auf Wunsch von Philippe d'Orléans, dem Bruder von Ludwig XIV., umgestaltet.

Villers-Cotterêts, pulsierendes Herz des französischen Königreichs

Schloss Villers-Cotterêts, königlicher Wohntrakt, Kassettendecke der restaurierten Treppe des Königs © Pierre-Olivier Deschamps – Agence Vu’ / Centre des monuments nationaux

 

Beliebt bei den Königen Frankreichs, insbesondere Heinrich II., der hier sieben oder acht Stunden am Stück Hirsche jagt, wird Villers-Cotterêts während der Aufenthalte des Hofes zu einer Art kurzlebiger Hauptstadt des Königreichs, in der Politik gemacht wird.

Im Jahr 1539 unterzeichnet Franz I. hier eine historische Verordnung, unter anderem zur Durchsetzung der französischen Sprache in Verwaltungs- und Rechtsakten.

Auch Heinrich II. trifft hier wichtige politische Entscheidungen.

Durch diese Aufenthalte floriert die gesamte Wirtschaft der Region. Händler, Bauern, Gastwirte und Handwerker werden herangezogen, um den Hof und dessen angesehene Gäste zu bewirten und zu bedienen.

Bei einem einzigen Aufenthalt von Franz II. werden nicht weniger als „219 Hühner und Tauben“, 10 Schweine, „zwölf Tourtezellen“ und 94 Kapaune bestellt!

„Sich amüsieren wie in Villers-Cotterêts“: die Feste im Schloss „Mon Plaisir“

Ball am Hof der Valois, anonymer französischer Künstler @ MBA, Rennes, Dist. RMN – Grand Palais / Jean-Manuel Salingue.

 

Während des Aufenthalts der Könige ist das Schloss nicht nur Ort für wirtschaftliche und politische Aktivitäten des Landes, sondern auch Schauplatz von Festen. „Mon Plaisir“, wie Franz I. das Schloss genannt haben soll, ist bezeichnend dafür!

Diese Freuden und die lokalen Feste der folgenden Jahrhunderte führen zu dem volkstümlichen Spruch aus dem 19. Jahrhundert: „s'amuser comme à Villers-Cotterêts“.

 

Chasteau de Villers-Coste-rez @ Reproduktion Benjamin Gavaudo / CMN

 

Die Orléans, die das Schloss 1661 von Ludwig XIV. als Apanage erhalten, führen hier ein Leben, geprägt von Spielen, Gesprächen und Empfängen.

Ludwig XIV. hält sich hier mehrmals auf, unter anderem anlässlich eines Maskenballs im Jahr 1680.

Der Regent, Philipp II. von Orléans, veranstaltet hier ein Fest zur Krönung von Ludwig XV., bei dem 1000 Gäste 80.000 Flaschen Wein aus Burgund und der Champagne konsumieren und 140 Opernschauspielern applaudieren.

Von königlichem Prunk zum Armenhaus

Altenheim von Villers-Cotterêts, Ehrenhof @ Reproduktion Benjamin Gavaudo / CMN.

 

Mit den Turbulenzen der Revolution endet der Ruhm des Schlosses, das 1790 als Staatseigentum beschlagnahmt wird. Die Geschichte nimmt nun ihren Lauf und mit ihr die Abrissarbeiten.

Im Jahr 1789 wird hier kurzzeitig eine Kaserne der republikanischen Armee eingerichtet und 1808 ein Armenhaus für Notleidende des Departements Seine, das damals einen kleinen Teil der heutigen Île-de-France (Paris und umliegende Gemeinden in einem Umkreis von etwa zehn Kilometern) ausmacht.

Um bis zu 1800 Bedürftige unterzubringen, werden Bauarbeiten angeordnet und die einst prächtige Architektur dabei teilweise beseitigt.

Refektorium, Krankenstation und Schlafsäle werden eingerichtet, so der Schlafsaal für Männer im ehemaligen Theater von Louis-Philippe oder der Schlafsaal für verkrüppelte Frauen in der ehemaligen königlichen Kapelle. Wände werden abgerissen, um riesige Räume zu erhalten, die die Überwachung erleichtern. Ebenso werden Gitter und Stäbe an den Fenstern angebracht, um Fluchtversuche zu verhindern und Unfälle zu vermeiden.

Von 1889 bis 2014 dient das Schloss dann als Altenheim.

Hof der Frauen @ Reproduktion Benjamin Gavaudo / CMN

 

Das Schloss übersteht den Ersten Weltkrieg

Villers-Cotterêts spielt bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs eine besondere Rolle. Nahe der Front wird die Stadt vom Heeresgesundheitsdienst eingenommen, der im ehemals königlichen Schloss und dessen Park ein Lazarett einrichtet. Am 18. Juli 1918 donnert die Artillerie. Wir befinden uns inmitten der zweiten Marneschlacht.

Die im Wald von Retz lauernden Alliierten beschließen, die deutsche Gegenoffensive nach ihrer Niederlage am Chemin des Dames von Villers-Cotterêts aus mit der 10. Armee von General Mangin anzugreifen.

Bei dieser heftigen Konfrontation bleibt das Schloss bis auf den teilweise zerstörten Westflügel und das durch Granateneinschläge beschädigte Dach nahezu unversehrt. Im Kriegsschadensdokument werden nur ein paar zerbrochene Fensterscheiben, eine Handvoll fehlender Glühbirnen, ein herausgerissenes Dachfenster im zweiten Stock und die zerstörte Decke des Korridors vor der Kapelle erwähnt.

  

Envie de découvrir le château tel qu'il était avant le début des travaux de restauration ? Suivez le YouTubeur Mamytwink dans son exploration nocturne au cœur du monument, en janvier 2020 !

     

Neue Zukunft für das Schloss

Schloss Villers-Cotterêts, Cour des Offices @ Benjamin Gavaudo / CMN

 

Nach Wunsch des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron wird das Monument nach einer groß angelegten Restaurierungskampagne zur Cité internationale de la langue française

Die Baustelle ist dem Centre des monuments nationaux zugeordnet, das rund 100 Denkmäler in ganz Frankreich verwaltet, und es entsteht ein ständiger Besichtigungsrundgang, der zu einer Reise durch die französische Sprache und die Frankophonie einlädt.

Der für alle zugängliche Ort wird durch ein multidisziplinäres Ausstellungs- und Showprogramm belebt.

Neben Aktivitäten zur Ausbildung und Sensibilisierung für die französische Sprache, pädagogischen Workshops und einem „Labor“ für Forschung und Innovation zu sprachlichen Themen werden Künstler, Forscher und Unternehmer in Residenzen willkommen geheißen.